Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel

Methoden und klinische Anwendung

Der Autorengruppe um Nögel, Hummelsberger und Engelhardt ist es gelungen, das Thema Paochi systematisch aufzubereiten – eine Handlung, die sogar im chinesischen Vorwort mit „deutscher Gründlichkeit“ gewürdigt wird. Paozhi sind Verfahren, mit denen die Ausgangsmaterialien der chinesischen Phytotherapie bearbeitet werden, um die Wirkung zu steigern, die Verträglichkeit zu verbessern und Nebenwirkungen abzuschwächen. Rösten, in verschiedenen Flüssigkeiten (z.B. Wein, Essig, Honig) tränken, Dämpfen – diese kulinarisch anmutenden Verfahren werden präzise beschrieben. In 61 Monographien werden die Veränderungen der Wirkung für jede einzelne Droge differenziert beschrieben. Man staunt über den Einfallsreichtum der Chinesen, die mit handwerklicher Kreativität Verfahren zur medizinischen Effizienz entwickelt haben.

Relativ kurz geraten ist das Kapitel „Paozhi aus westlicher Sicht“. Prof. Bauer liefert Beispiele dafür, wie sich Paozhi-Verfahren auf die Inhaltstoffe von chinesischen Arzneidrogen auswirken. Ulrike Wallauer beschreibt die für den Apotheker relevante Rechtslage, der seit Jahrzehnten in der Qualitätskontrolle tätige Dr. Uwe Gasser betont die GMP-Anforderungen bei der Paozhi-Implementierung, die von Wenjun Zhong aus der Sicht des Großhandels ergänzt werden.

Aus der Sicht des TCM-Praktikers liefert das Buch erfreulicherweise Impulse, den Kern der chinesischen Medizin noch ernster zu nehmen, nämlich die präzise Beobachtung von Arzneimittelwirkungen in der konkreten Arzt-Patienten-Beziehung. Denn die Paozhi-Methoden ermöglichen, den individuellen Therapieansatz noch zu präzisieren und so die Verbindung des Arztes zu seinem Handwerkszeug zu verbessern. Diese Tradition hat in früheren Jahrhunderten die mit Dispensierrecht ausgestatteten Ärzte dazu angehalten, sich intensiv mit dem Ausgangsmaterial und den erzielten Wirkungen auseinanderzusetzen; heute verlassen sich Ärzte mehr und mehr auf Studienergebnisse und verlieren damit Selbstverantwortung und Beobachtungsvermögen.

Ob sich Paozhi-Methoden in deutschen Apotheken durchsetzen werden, wird sich zeigen. Sowohl die notwendigen Kenntnisse wie auch die erforderliche Arbeitszeit und die damit verbundenen Kosten schlagen zu Buche neben den rechtlichen Problemen, die bei der Arzneiherstellung in der Apotheke anfallen. Es bedarf einer längeren Überprüfung, welche dieser Verfahren klinisch sinnvoll sind, und wie sie dann in die Versorgungslandschaft integriert werden können. Wenn es mittlerweile möglich ist, flächendeckend in Deutschland Apotheken zu finden, die sich Basiskenntnisse zu chinesischen Heilpflanzen angeeignet haben, dann wird es vieler Arbeit bedürfen, bis sich diese Qualität auch in Verarbeitungspraktiken niedergeschlagen hat. Die dafür notwendige Entwicklung von Spezialapotheken kontrastiert allerdings mit dem Wunsch nach breiter Verfügbarkeit und vergleichbarer Qualität.

Dr. Fritz Friedl, Bahnhofstr. 58, 83512 Reitmehring, friedl@klinik-silima.de