Diabetes in der TCM: „Konsumierender Durst“ (Xiaoke)
In der TCM wird Diabetes mellitus als „konsumierender Durst“ (Xiaoke) beschrieben. Eine konstitutionelle Schwäche oder Disharmonie der Funktionskreise (Zangfu) führt zu Symptomen wie starkem Durst, gesteigertem Hunger, reichlichem Urin und Gewichtsverlust. Der Urin kann gelegentlich trüb und süßlich riechen. Bereits in klassischen Texten der TCM wird ein ähnliches Krankheitsbild unter dem Begriff „konsumierende Hitze“ (Xiaodan) beschrieben.
Syndromdifferenzierung in der TCM
Basierend auf den vier Diagnosemethoden – Betrachten, Riechen, Fragen und Pulstasten – unterscheidet die TCM sechs Haupttypen des „konsumierenden Dursts“:
- Energetische Schwäche des Yin (Yin-Xu) mit starker Hitze (Huo)
- Energetische Schwäche von Qi und Yin (Qi-Yin-Xu)
- Energetische Schwäche von Yin und Yang (Yin-Yang-Xu)
- Blockade durch Feuchtigkeit und „trübe Säfte“ (Shi)
- Qi-Stagnation im Funktionskreis Leber (Gan-Qi-Stagnation)
- Xue-Stasen und Qi-Stagnation (Gan-Xue-Stase)
Ätiologische Faktoren
Die TCM sieht die Hauptursachen für Diabetes in:
- Emotionen wie Kummer, Sorgen und Zorn,
- Fehlernährung, insbesondere übermäßigem Konsum von Fett, Süßem und Alkohol,
- tiefgreifender Erschöpfung und übermäßiger sexueller Aktivität,
- äußeren pathogenen Faktoren (wie klimatischen Einflüssen).
Emotionale Dysbalancen sind eng mit Funktionskreisen (Zangfu), Qi, Xue und den Körperflüssigkeiten verbunden. Bereits im „Huangdi Neijing“ wird erwähnt, dass emotionale Extreme Krankheiten auslösen können.
Ernährung und Lebensstil
Fehlernährung, insbesondere fett- und zuckerreiche Kost, wird in der TCM seit jeher als Hauptfaktor für die Entstehung von Diabetes gesehen. Bereits im Klassiker „Suwen“ heißt es: „Konsumierende Hitze findet man bei fettleibigen Privilegierten; das ist eine Krankheit, die durch reichhaltiges Essen entsteht.“ Dieses alte Konzept spiegelt die modernen Erkenntnisse wider, die einen Zusammenhang zwischen Übergewicht, Fehlernährung und Diabetes belegen.
Parallelen zwischen moderner Medizin und TCM
Die westliche Medizin sieht virale Infektionen und chronische Entzündungen als Auslöser von Typ-1-Diabetes oder hohen Blutzuckerwerten bei Infektionen. Dies korrespondiert mit der TCM-Theorie der „äußeren pathogenen Faktoren“ (Kälte, Feuchtigkeit, Hitze). Auch die Bedeutung von Emotionen für die Krankheitsentstehung wird durch Studien bestätigt: Stress und Depressionen können den Insulinspiegel senken und Diabetes fördern.
Stärken und Grenzen der TCM
Die TCM zeichnet sich durch eine individuelle Anpassung der Therapie an Konstitution, Alter, Geschlecht, Jahreszeiten und klimatische Faktoren aus. Diese Individualisierung ergänzt die westliche Medizin, kann sie jedoch nicht ersetzen. Während die westliche Medizin den Blutzuckerspiegel erfolgreich kontrolliert, richtet sich die TCM auf subjektive Symptome wie Erschöpfung, Mundtrockenheit und emotionale Beschwerden, die von der Schulmedizin oft nicht ausreichend adressiert werden.
Zudem kann die TCM durch präventive Maßnahmen und die Behandlung von Grenzfällen (prädiabetischer Zustand) dazu beitragen, die Entwicklung eines manifesten Diabetes zu verzögern oder zu verhindern. Allerdings existieren hierfür bislang nur Fallstudien und keine groß angelegten klinischen Studien.
Kosten der TCM-Therapie
In China sind die Kosten für eine TCM-Therapie niedrig: Sie belaufen sich auf etwa 2–4 Euro pro Tag. In Europa sind die Kosten jedoch aufgrund langer Importwege und Zertifizierungsanforderungen höher. Dennoch kann die TCM langfristig dazu beitragen, die Dosierung westlicher Medikamente zu reduzieren und so die Gesamtkosten der Behandlung zu senken.