Schulterschmerzen und TCM

Die Periarthritis humeroscapularis beschreibt entzündliche Veränderungen des Sehnen- und Muskelapparats (chin. Jinsuo, lat. Nervus) im und um das Schultergelenk, neben Schmerzen leiden die Patienten besonders unter den massiven Bewegungseinschränkungen. Die Erkrankung tritt zumeist um das 50. Lebensjahr herum auf, darum wird die Krankheit in China oft scherzhaft „50Jahre-Schulter“ genannt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, das Klimakterium ist anscheinend in Asiatischen Ländern mit Schulterschmerzen assoziiert, die bei uns typischen Hitzewallungen treten dort deutlich seltener auf. Da die Beweglichkeit der Schulter so eingeschränkt ist, als ob sie eingefroren sei, wird sie auch als „Verfestigte Schulter“ (jianning zheng) und als „Eingefrorene Schulter“ (dongjie jian, frozen shoulder) bezeichnet.

Die Schulter selbst ist das beweglichste Gelenk des Körpers, es wird von allen Leitbahnen des Armes durchzogen: der Leitbahn Funktionskreis (FK) Dickdarm (yangming dachang jing), der Leitbahn für den Fk Drei Wärmebereiche (shaoyang sanjiao jing), der FK-Dünndarm-Leitbahn (taiyang xiaochang jing), der FK-Lungen Leitbahn (taiyin fei jing), der FK-Perikard-Leitbahn (shou jueyin xinbao jing) und der FK-Herz-Leitbahn (shaoyin xin jing). Durch innere Verläufe und Netzleitbahnen (luomai) ist die Schulter mit der Leitbahn und dem Funktionskreis Leber-Gallenblase verknüpft. Da im Alter der FK Leber immer mehr erschöpft ist (deplet, xu), Qi und besonders das Xue (Blut) nicht mehr ausreichend zu einer guten Versorgung reicht, entsteht im Alter eine deutliche Gefährdung. Ein wichtiger Punkt, der in der „klassischen“ Pathologie nicht berücksichtigt wird, ist der Faktor „Stress“, dass aufgestaute, nicht gelebte Emotionen, Ärger, Zorn und Wut (ganyu) zu ständigen Spannungen führen und Blockaden im FK Leber-Gallenblase und eben auch im Bereich Schulter-Nacken erzeugen.

Bi-Syndrom

Die „Klassische Kategorie“ aus Sicht der Chinesischen Medizin ist das „Bi-Syndrom“ (occlusio, bizheng 痹症) durch die äußeren Pathogene „Wind“ (feng), „Kälte“ (han) und „Feuchtigkeit“ (shi), die in den menschlichen Körper und die  und Netzleitbahnen ,(jingmai luomai) eindringen, meist auf Boden einer energetischen Erschöpfung (depletio, xu) vin Qi, Yang oder Xue, wie das eben im Alter zunimmt.

Akupunkturpunkte

Die lokalen Akupunkturpunkte werden natürlich in der „TCM“ hier zuerst genannt, wie Di15 („Spalt unter der Schulterhöhe“, jianyu), Di16 („Großer Knochen“, jugu), Di14 („Arm und Schulterblatt“, binao), Di11 („Gekrümmter Teich“, quchi), 3E14 („Kellerloch der Schulter“, jianjiao), 3E5 („Äußeres Passtor“, waiguan);, Dü9 („Geradheit der Schulter“, jianzhen) bis Dü14 („Äußerer Einflusspunkt der Schulter („Äußerer Einflusspunkt der Schulter“, jianwaishu), Fernpunkte wie Dü3 („Der hintere Wasserlauf “, houxi), Di 4 (Vereinte Täler, hegu), Lu5 („Moorsee am Fußpunkt“, chize), Pe2 („Quelle des Himmels“, tianquan) oder He 3 (kleines Meer, shaohai).

Wegen des besonderen Bezugs, aber auch dem pathogenetischen Zusammenhang sind eben Punkte auf der Leber- und Gallenblasen-Leitbahn entscheidend wie Le3 (Große Strasse, taichong), Gb34 („Quelle am Yanghügel“, yanglingquan) und an der gesunden Seite, Ma38 („Öffnung der Erschlaffung“, tiaokou).

Moxibustion

Besonders bei „Kälte“ (han) und Chronizität ist Moxibustion, am besten als „Feuernadel“ (aufgesetztes Moxa-Stück auf der Nadel, siehe Foto) extrem hilfreich. Durch moderne Aktivekohle-Moxa-Stücke wie bspw. Moxasafe ® gelingt das auch sicher in der modernen deutschen Praxis.

 

Guasha

An manuellen Methoden hat sich als Guasha sehr bewährt, die auch in kurzer Zeit das umlegende Gewebe löst, durchwärmt, Xue-Blockaden auflösen hilft. Ergänzt wird das meist mit äußeren Lotionen und Sprays, am bekanntesten ist der Yunnan Baiyao-Spray.

chinesische Arzneimitteltherapie

Die chinesische Arzneimitteltherapie hat aus ihrem riesigen Repertoire einige Grund-Rezepturen, besonders auf Basis des wohlschmeckenden „Zimtästchen-Dekokts“ (Gui Zhi Tang) bei „Kälte-Bi“, das durch Arzneikräuter ergänzt wird, die besonders auf die Schulter wirken. Dies ist ein einfaches Grundrezept, das klassischerweise als Dekokt (Abkochung, Angaben als g/Tagesdosen) bei chronischen Fällen eingesetzt wird:

 

Cinnamomum cassiae ramuli (guizhi) 9 g  wärmt Kälte
Paeonia alba radix (baishao ) 9 g  entspannt den FK Leber
Zingiberis viride rhizome (shengjiang) 3 g  harmonisiert Weiqi und Yingqi
Glycyrrhizae radix (gancao) 3 g
Jujubae fructus (dazao) 3 g
Notopterygii radix (qianghuo) 3 g  leitet Wind-Kälte aus
Pueraria radix (gegen) 12 g  „erweicht die Muskulatur“
Curcumae longae rhizoma (jianghuang) 6 g  lost Xue-Stassen de SChulter
Morus ramuli (sangzhi) 6 g  leitet Wind-Kälte aus
Gentiana macrophyllae radix (qinjiao) 3 g  leitet Wind-Kälte aus

 

Diese Basisrezeptur wird häufig verwendet und wirksam als Dekokt wie auch in moderneren Anwendungsformen wir Pulver oder Granulate.

 

Die TCM-Behandlung von Schmerzen und Adhäsionen bei Periarthritis humeroscapularis ist eine recht effektive Therapiemethode, allerdings ist es sinnvoll und notwendig, die Symptomkonfiguration zu bestimmen und dementsprechend zu behandeln. Neben Erfahrung ist auch hier oft Geduld notwendig, besonders bei chronischen Fällen werden in China meist 10-20 Akupunktursitzungen durchgeführt.

 

TCM – Periarthritis humeroscapularis – Akupunktur –  Moxibustion – Guasha